Diary 2001-2006
2001
24.10.01
mit dem heutigen tag werde ich hier so eine art tagebuch führen.
sicher wird es nicht jeden tag einen eintrag geben.
aber immer wenn mir danach sein wird, werde ich meine gedanken hier niederlegen.
25.10.01
gerade habe ich erfahren, dass wir endlich mal wieder in dresden spielen. blöd ist, ich weiss noch nicht wo.
herr seidel hält sich bedeckt, oder er weiss es auch nicht. egal, ich freu mich.
im moment ist das leben sehr hektisch. obwohl die natur, draussen vor meinem fenster, nach ruhe schreit.
ich liebe diese jahreszeit, mit all den wunderbaren farben und diesem einzigartigen licht.
30.10.01
ein schönes wochenende liegt hinter mir. ich musste heute an dieses rollenhagen denken. ich liebe diese landschaft. immer wenn ich richtung norden fahre, fühle ich so eine freude. jedesmal fahre ich zurück und frage mich, warum wohnst du nicht hier, in dieser weite, unter diesem tiefen himmel. ich werde es, in nächster zeit, etwas mehr rollen lassen. ich denke an die wiesen um rollenhagen.
02.11.01
ich weiss nicht wie oft in meinem leben, dieser vorsatz am anfang eines tages stand. egal, es ist wieder soweit. ich zünde mir keine zigarette an. mein letzter versuch missionierte dirk zoellner. der raucht nicht mehr, seit april 2001. ich fing im april wieder an, nach einem halben jahr. jeder weiss vom einsatz suchtsteigernder mittel in zigaretten. ich lass mich doch sonst auch nicht manipulieren. wenn man den mediendreck wegschalten kann, muss das mit dem rauchen auch gehn. ich werde versuchen das rauchen wegzuschalten.
11.11.01
was für ein wochende. es begann mit wolf biermann, am freitag. "so oder so, die erde wird rot...", wie oft habe ich diese zeilen gesungen, ich weiss es nicht. ich hatte gerade meine lehre begonnen. wie in anderen städten der ddr, gab es auch in halle flugblattaktionen. irgendwann im winter, ich langweilte mich gerade durch irgendein technisches fach, standen zwei unauffällige herren und der direktor der berufsschule im klassenraum. ich wurde aufgefordert den herren zu folgen. und so weiter ... . ich habe mir, am 09.11.2001, dein konzert von köln noch mal angeschaut, biermann. ich war damals so verdammt jung. ich habe ein wochenende lang über all das nachgedacht. und heute tanzen die narren, wie letztes und nächstes jahr.
22.11.01
biermann, die zweite. mein letzter eintrag hat zu irritationen geführt. schade. der mythos biermann begann und endete für mich, mit dem köln-konzert. einige songs möchte ich nicht missen. die person w.b. wird für mich aber immer fragwürdiger. und das war jetzt schon zuviel nachgedacht. ostende nimmt langsam formen an. wenn ich die songs singe, mit denen ich aufwuchs, läuft ein wunderschöner film ab. und wenn ich über die flure des ehemaligen rundfunks gehe, schweben errinnerungen an den leeren wänden entlang. es ist düster dort und verlassen und trotzdem fühle ich mich wohl. vergangenheit kann gefährlich sein.
28.11.01
am 27.11. ist regine hildebrandt gestorben. ... ein leuchtfeuer in tiefster finsternis, stotterte einer mit tränen in den augen. besser kann man es nicht sagen.
18.12.01
blasse, scheinheilige gesichter schlagen sich in unheilvollen scheingefechten, um den schein zu wahren, denn der schein ist heilig. stefan heym starb in israel und die feigheit gewinnt wieder land.
2002
01.01.02
die tage vor dem ende dieses jahrtausends, habe ich genutzt etwas zur ruhe zu kommen. resultat, ich habe mit dem nächsten album begonnen. es ist ein gutes gefühl. der erste song ist ein remake von "da wo die abenteuer sind". diesen song schrieb ich in den letzten tagen der ddr. veröffentlicht wurde er in den ersten tagen dieses deutschlands. die worte sind stärker als die vergehende zeit geblieben.
29.01.02
ich hatte lange keine griffigen gedanken. langsam werden die bilder wieder klarer. ostende steht kurz vor der premiere. der wagonbau ammendorf, bleibt erstmal geöffnet. ich denke immer konkreter über das neue album nach. die ersten gänse kommen zurück. mein lieblingsreiher wurde vom sturm der letzten tage getötet.
17.02.02
harte wochen liegen hinter mir. ich hoffe auf klare gedanken, auf einsichten und innere ruhe. und immer wieder die vergangenheit. ich muss wieder zurück in die zukunft. in den letzten jahren war ich ständig auf dem weg dorthin und es ging mir gut dabei. ich habe alte und neue freunde getroffen. manche begegnungen berühren mich nachhaltig und die gedanken daran kreisen in meinem kopf und es nicht immer angenehm. ich werde mit erwartungen konfrontiert die ich schon lange nicht mehr erfüllen will. ich hoffe auf klare gedanken, auf einsichten und innere ruhe.
19.02.02
ganz in meiner nähe baute man ein shoppingcenter auf die grüne wiese. menschen kommen von überall her, um hier ihre bedürfnisse zu befriedigen. ein kino hat es auch. in diesem kino laufen momentan auch "der pakt der wölfe" und "hearts in atlantis". das der erstere der beiden die menschen magnetisch anzieht liegt auf der hand. auch ich werde ihn mir irgendwann ansehen. "hearts in atlantis", ein film mit dem grandiosen hopkins und einem perfekten cast. um was gehts? sehr vereinfacht gesagt, ums leben, um nicht eingelöhste versprechen, um nicht erfüllte träume, um menschliche solidarität, um liebe. dieser film ist aus sehr poetischen bildern gebaut. gut fotografiert. die charaktere sind klar gezeichnet. gutes kino. 20 menschen fanden sich, die dieser film interessierte. eine sehr ungewohnte atmosphäre in diesem kino. wenn sie in die runde des leeren kinos sahen, lächelten die menschen sich gegenseitig an. man war, für ein paar filmminuten, eine gemeinschaft gleichgesinnter.
22.03.02
kann sich nicht einer erbarmen und den frühling anschalten. es reicht! ich will endlich wieder den duft der frauen einsaugen können, deren haut nach sonne und frischgemähten gras riecht.
04.04.02
in einer zeit in der sich die menschen über äusserlichkeiten definieren, ist oberflächlichkeit symptom und ursache. oberflächlichkeit verletzt, trübt den blick auf das wahre und schöne. die mächtigen und die scharlatane haben unsere oberflächlichkeit längst in ihre strategien eingebunden. so sind wir opfer und täter zugleich.
18.04.02
hier beginnt die geschichte eines albums. in den letzten monaten habe ich skizzen gesammelt. gedanken, töne und sounds. bilder für das artwork und ideen für ein konzept. ich habe begonnen die töne zu verbinden. die gedanken zu ordnen. erste unbeholfene konstrukte schwirren durch meinen kopf. manche lassen mich nicht mehr los. nun werden erfahrungsgemäss momente der abwesenheit und nächte ohne schlaf folgen. ich bin am anfang und doch schon mittendrin.
09.05.02
der raum, gefüllt mit den freien gedanken gleichgesinnter, dass ist meine heimat.
05.07.02
freundschaft ist bedingungslosigkeit im vertrauen auf das gemeinsam erfahrene.
19.07.02
endlich werden die gedanken klarer. musik und worte, gefunden und verworfen, wiedergefunden und verloren. etwas bleibendes zu schaffen, dass ist immer der plan. wahr und schön soll es sein. und es fordert die ganze kraft und es lässt nichts anderes zu. aber am ende wird man belohnt, mit einem kurzen augenblick unglaublicher euphorie.
28.11.02
die ersten vier songs des neuen albums sind fertig, na ja, fertig, wann ist schon etwas fertig. ich wäre in den nächsten 60 tagen gerne ein lebewesen, dass nur mit sich selbst zu tun haben muss. aber das ist ja dann auch wieder langweilig.
03.12.02
letztendlich ist alles schwarz oder weiss, man muss es nur genau betrachten oder mit dem gesicht aufschlagen.
03.12.02
glück erkennt man am besten mit etwas abstand. leider hat man sich dann auch schon wieder davon entfernt.
2003
31.12.03
ich kann nicht in jahren, tagen und stunden denken. die wichtigen momente kann man nicht datieren. wann beginnt eine liebe? wann endet eine freundschaft? wie lange dauert glück?
11.10.03
die ersten reaktionen auf "agonie + ekstase" sind positiv bis euphorisch. sehr überraschend. es macht mich glücklich zu wissen, dass es so viele menschen gibt, die denken und fühlen wie ich. ... denn wir sind doch nur eine frage der zeit.
18.07.03
+ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863) + Präambel Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk. + I. Die Grundrechte + Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. +
01.07.03
"agonie + ekstase" ist eine art bestandsaufnahme. "die macht lässt uns lachen und kleine übungen machen. die krisen werden bewältigt und dann wird es wie es bleibt." das richtige thema für ein lied im waschechten singer/songwriter style und im 6/8 takt. "agonie und ekstase, ich nehm noch ne nase. agonie und ekstase, die zweifel sind frei."
29.06.03
"scherben" ist ein stück musik, dass mich an meine kurze zeit als klavieschüler erinnert. menuette, sonaten und dieser ganze kram, als klavierschüler der doorsfan und 13 ist muss man das hassen. gut das ich mich damals überwinden konnte. " scherben" ist so ein lied, dass man komponiert und dabei das gefühl hat es schon lange zu kennen.
27.06.03
die suche nach dem richtigen flügel fürs album ist nun auch beendet. "die fetten jahre" passt gut in diese tage der flüchtigen wolken. vielleicht etwas fatalistisch. wir gleiten langsam gerade strassen, ersaufen in euphorie und die fetten jahre kommen nicht hoch. alles bleibt wie es war. nichts fehlt.
25.06.03
der zweite versuch ein album zu machen. ich glaube es war gut im januar alles hinzuschmeissen. ich habe viele neue songs geschrieben und andere für immer vergessen. nach einer woche studio hab ich ein gutes gefühl. olli hat gitarren für "die hunde der rebellen" und "wetter" eingespielt. "wetter" ist so ein song der in den nächsten jahrzehnten leider wichtig bleibt. "die hunde der rebellen" ist im moment einer meiner favoriten. irgendwie kam der folky wieder durch, ein wenig :). ich will mit diesem song keinen anklagen. ich bedauere nur das die ideale bestechlich sind und ich denke das es bestimmte menschen gibt die dagegen immun sein sollten. menschen die wiederstehn werden als freaks belächelt. "was kostet deine rebellion?"
10.04.03
irre, dass ich gewonnen habe. ich trat an gegen frieden, wohlstand und gegen den amtsinhaber. (georg w. bush am 14.juni 2001 zum schwedischen premierminister göran persson. bush hatte nicht bemerkt, dass eine fernsehkamera noch lief.) + quelle:"stupid white men" von michael moore
27.03.03
so wurden vollendet himmel und erde mit ihrem ganzen heer. und so vollendete gott am siebenten tage seine werke, die er machte, und ruhte am siebenten tage von allen seinen werken, die er gemacht hatte. und gott segnete den siebenten tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen werken, die gott geschaffen und gemacht hatte. (das erste buch mose / genesis / 2. kapitel) + noch sind die lebenden den toten gleich. wahrlich, allah macht hörend, wen er will; und du kannst die nicht hörend machen, die in den gräbern sind. (koran / der augangspunkt der schöpfung / verse 22) + am siebenten tag des krieges im irak, vertummen die gegner nicht.
13.03.03
vor einem jahr ging ich daran ein neues album zu produzieren. an irgendeinem tag des vergangenen winters, der so unaufhörlich hässlich war, musste ich feststellen, dass ich mich gnadenlos verloren hatte. ich denke der april ist ein guter zeitpunkt um neu anzusetzen. die letzten wochen hatten sehr viele wärmende momente. ein wesentlicher tag: der 15.02.03. 500 000 menschen in berlin gegen einen krieg im irak. das neu helgoland zum bersten gefüllt mit menschen die bereit waren reinhard fißler zu helfen. das ergebnis waren 8000 € und das gemeinsame gefühl; solidarität. wie unwichtig dagegen grand "brie" und fünf minuten superstars.
2004 - Tagebeuch der Finnland-Tour
Donnerstag, 02.09.2004 20:19
die stunden vor finnland
die vorbereitungen sind abgeschlossen. ich freue mich auf das konzert in perleberg und viele stunden ostsee. gibt es finnische birken?
Sonntag, 05.09.2004 21:42
tag 1
nach einem kleinen exkurs durch die prignitz, die es laut eu nicht gibt (zu wenige vertreter der menschlichen rasse) und einem wundervollen nachmittag im warmen muende, eingecheckt und abgelegt. naechster halt ist hanko (das war mal russisch, kenn ich irgendwie).
Montag, 06.09.2004 23:30
tag 2
allen die zu wenig schlaf finden, empfehle ich eine innenkabine auf einer fähre, bei ruhiger see natuerlich. die finnisch / russische männergruppe war vollzählig angetreten und verkostete erfolgreich die anwesenden sprirituosen. auf dem weg nach tampere war viel brandenburg zu sehen. willkommen im land der birken und e-gitarrenfreunde, die pumpkins im pup, besser kann es nicht laufen.
Dienstag, 07.09.2004 00:30
tag 3
ich habe eine neue art von euphorie kennengelernt, die finnische. man stelle sich einen koala auf dope vor. die finnen ruhen in sich wie kein anderes volk, das ich kenne, sehr sympathisch. ein deja vu der besonderen art hatte ich gegen 23:30. das licht ging dreimal an und aus. das restaurantpersonal signalisiert damit: haut jetzt endlich ab, wir wollen nach hause. ich kannte das bisher nur aus russland und erinnerte mich dabei an endlose, wodkaseelige, weisse nächte mit stern meissen auf tour.
Mittwoch, 08.09.2004 00:00
tag 4
nach kangasula ein weiteres schönes konzert in lapua. hier hatte ich einen uebersetzer, dass war sehr hilfreich. meine navigation kennt diesen ort nicht und der finnische spätsommer hat schon etwas winterliches. 10 grad celsius und wind der einem das gesicht zerschneidet, damit habe ich nicht gerechnet (bin ich scott?). auf einem breitengrad mit island wird der schnaps stärker und die landschaft mehr, aber das ist ja erst der anfang vom norden.
Donnerstag, 09.09.2004 23:45
tag 5
heute gabs im konservatorium von kokkola, einen finnischen fluegel namens yamaha. ein schöner abend. die gespräche nach den konzerten sind unglaublich informativ und inspirierend. es gibt hier eine ganze menge leute, deren sicht auf deutschland oder die untergegangene ddr, genug stoff fuer lange abende hat. ja und geburtstag ist ja auch gleich ...
Freitag, 10.09.2004 23:45
tag 6
die partnerstadt von oulu ist, ???, ;) TATA halle!!! sehr schöne location und jede menge exildeutsche. deutschland, du bist ganz schön im arsch. egal wohin es mich in den letzten jahren auch trieb, zufriedene emigranten. ...und dann war ja auch noch geburtstag... teer zum trinken und zum waschen (oulu war lange zeit DIE teermetropole finnlands, die haben so richtig pech gehabt :)). und ich besitze jetzt land auf dem mond (zwischen erde und mond ..., na ihr wisst schon). morgen gehts nach lappland.. to be continued ...
Samstag, 11.09.2004 23:45
tag 7
lappland und polarkreis sind im moment nur begrifflich und visuell nicht zu erfassen. samstag geht man in rovaniemi in den pup, das ist nicht aussergewöhnlich. aber was ich gestern erlebt habe, muss ich erst mal verinnerlichen. diese story wird wohl einen platz im diary finden. ich habe eine schachtel streichhölzer geschenkt bekommen. zuerst war es wohl ein eher feindliches symbol, doch am ende des abends wurde daraus ein zeichen des friedens und der verständigung. man muss weggehen um das hier zu begreifen.
Sonntag, 12.09.2004 23:29
tag 8
rein visuell ist der polarkreis also eine weisse linie ueber den die touris aus aller welt gerne ein spruengchen wagen (aber die meissten haben den schuss nicht gehört). santa claus (die deutschen kennen ihn unter seinem decknamen, w man) hat hier ueberraschenderweise sein buero und beantwortet alle briefe persönlich (ja klar). am polarkreis kann man aus wurzeln geschnitzte trolle kaufen, die duerfen in keinem haushalt fehlen, abgesehen von den superblöden kopfbedeckungen die es in allen blindmachenden farben superbillig zu kaufen gibt. alles in allem touritrap, auf jeden. das beste vom tag: ich habe ein rentier gefuettert und hätte beinahe ein huskybaby entfuehrt.
Montag, 13.09.2004 23:50
tag 9
hinter dem polarkreis wird finnland spektakulär. vieles erinnert mich an canada oder norwegen. riesige seen und moore. der himmel hängt kurz ueberm (leider kein u mit punkten) autodach. 200 km vor inari beginnt das land der finnischen sami (children of moon and sun). der nordpol rueckt immer näher, 5 grad celsius. letzte nacht gab es schnee.
Dienstag, 14.09.2004 23:15
tag 10
zu wenige giftstoffe in der luft, ich bin nur noch muede. "ausgerechnet alaska" war mal meine lieblingserie. inari könnte das filmset gewesen sein. rentiere auf strassen und tellern, ein paar holzhäuser, eine tankstelle und ein supermarkt. da es nicht alaska ist, natuerlich unvermeidlich, souvenirläden. die sami haben ihre eigenen shops fuer kunsthandwerk, musik und buecher. die flagge der sami ist erst dreissig jahre alt und passt gut zu meiner jeansjacke. im jahreszeitenmuseum konnte man sich ein klares bild davon machen warum die sonne fuer die menschen hier ein so kraftvolles symbol ist. am abend ging ich meiner lieblingsbeschäftigung nach: rentiere fuettern.
Mittwoch, 15.09.2004 23:45
tag 11
heute frueh gegen zwei sah ich das erste mal in meinem leben polarlichter. auch wenn sie um diese jahreszeit und bei bedecktem himmel nur einen teil ihrer grossartigkeit und schönheit zeigten, ein bewegender moment. auf dem weg von inari nach kuusamo verbrauchte ich mehr filme, als an allen vorangegangenen tagen. murmansk 220 km. und wieder glueckliche emigranten, die besitzer des hotels. er aus holland und sie aus suedkorea.
Donnerstag, 16.09.2004 00:00
tag 12
die wälder am morgen (ca 08:00) sind unbeschreiblich in ihrer ruhe und urspruenglichkeit. auf der via karelia richtung joensuu. "das stille volk" ist eine art wanderausstellung, man weiss nie genau wo sie sich befinden. das konzert im theater von joensuu, war eine willkommene abwechslung nach diesen faulen tagen.
Freitag, 17.09.2004 00:00
tag 13
und wieder auf tour. 200 km, eine von den ganz kurzen strecken. die temperaturen steigen und fallen, zwischen 0 und 16 grad ist alles drin. sonne und schwerwiegende regenfälle wechseln sich ab. na ja, tag 13 und freitag. aber selbst davon war nichts zu bemerken.
Samstag, 18.09.2004 23:50
tag 14
von karelien nach turku, finnlands älteste stadt liegt an der westkueste. es roch nach ostsee und das war mal wieder gut. und wieder ein emigrant und seine finnische frau. wieder ein holländer. neue und interessante einblicke ueber finnland.
Sonntag, 19.09.2004 23:45
tag 15
zurueck in der zivilisation (dieser eindruck ist nicht wertend). ein konzert in einer schönen galerie, aufmerksame zuhörer und immer wieder interessante gespräche. ueber riihimäki kann ich nicht viel sagen. das ist der nachteil wenn man voruebergehend ist. noch zwei konzerte. die zeit wird schneller und ich fange schon an mich zu entfernen.
Montag, 20.09.2004 23:45
tag 16
eine villa von 1910, auf einer insel, nur einen steinwurf vom meer, sonne, 16 grad, einfach nur wow. im festsaal spiele ich mein erstes hardcore-unplugged konzert seit ueber 20 jahren. keine mikros, keine verstärker und boxen, das sollte ich öfter machen. kotka ist eine stadt auf inseln, papiermetropole und vasatown, trotzdem sehr schön und empfehlenswert. ... und morgen das letzte konzert in fin.
Dienstag, 21.09.2004 23:50
tag 17
tourende in tampere, ein schönes letztes konzert. rueckblicken kann ich noch nicht, nur vorausschauen. ich mach mich auf in richtung deutschland mit vielen eindruecken und neuen erfahrungen. ich habe so vieles von dieser welt noch nicht gesehn, deshalb weigere ich mich zu sagen: ich komme wieder nach finnland.
2005
20.01.05
nachdem 2004 nicht gerade das jahr des diary war, hier ein neuer zwingender anfang. es gibt momentan einige projekte über die noch unklarheit herrscht. wieviele davon realisiert werden können, steht mal mal wieder zwischen erde und mond.
07.03.05
werde ich ewig schreiben? auf jeden fall schreibe ich schon wieder, an neuen songs. eigentlich hätte ich genug für ein neues album, aber das leben ist im moment so aufregend, da kommt noch mehr. ich sehne mich im moment nur nach etwas mehr sonne und viel weniger schnee.
30.11.05
ein jahr in bewegung, zwischen agonie + ekstase. die texte des neuen albums, erinnern, frieren ein was gelebt und erlebt ist. den angedachten albumtitel "schwimmen im regen", hab ich endgültig verworfen, er stimmt nicht mehr, ist nicht mehr programmatisch. ich kann nicht aufhörn songs zu schreiben, muss aber, muss fertig werden, will fertig werden, will was neues beginnen.
05.12.05
die helle zeit des tages verpasst, die zeit weht geräuschlos vorbei. das uferlose meer der gedanken wird das strandgut nicht mehr los.
06.12.05
gleicht sich die temperatur des menschlichen herzens in dieser jahreszeit der aussentemperatur an? der dicke sagt: "alle reden von weihnachten aber keiner tut was dagegen." von wem hat er das nur?
09.12.05
berlin eingehüllt in den nebel, der das vergehende jahr in die erinnerung zurückbringt. und wie den nebel kann man auch die erinnerungen nicht wegwischen. es gibt die theorie und bestimmt auch was statistisches, dass wir in der jugend die starken erlebnisse sammeln. durch ständiges abrufen gewinnen diese mit der zeit an größe und bedeutung. erlebnisse der späteren lebensphasen nehmen dagegen einen immer unbedeutenderen platz in unserer erinnerung ein. der dicke sagt :"das geheimnis der erlösung heisst erinnerung." wo er das nun wieder her hat?
10.12.05
was hoffen wir zu finden wenn wir uns suchen? liebe? was ist liebe? suchen wir nicht etwa das unzerstörbare, namenlose? was lässt uns einander verlieren? die liebe zu uns selbst? die angst zuviel zu lieben oder zuviel geliebt zu werden. müssen wir geliebt haben um hassen zu können? hassen wir weil wir geliebt haben? müssen wir hassen um nicht mehr zu lieben oder geliebt zu werden? hass und liebe sind nur wörter. liebe und hass sind nur ein wort. der dicke sagt: “das unvermeidbare ist vergänglich. die lehre die man aus dem unvermeidbaren zieht ist ewig.“ ich weiss nicht was der dicke genommen hat, ich will auch was davon.
11.12.05
manchmal muss man sich von einer idee grundsätzlich verabschieden um sie aus der distanz genauer betrachten zu können und ihr so, frei und offen wiederzubegegnen. „schwimmen im regnen“ heisst der song, der meinem nächsten album den titel geben wird. der dicke ist sprachlos und kratzt sich hinterm ohr.
12.12.05
schnee in altenberg, kurz vor dem grenzübergang zu tschechien. der reisende wird locker durchgewunken. hinterm berg, dubi und der längste strassenstrich europas. in dürftig zusammengezimmerten holzhütten winken frauen wie ertrinkende. hängt es mit meiner ostbiographie zusammen? es schmeisst mir immer noch einen stein auf die brust, wenn ich über prostitution nachdenke. theresienstadt wird auf dem weg nach prag nicht mehr druchfahren, denn auch hier entsteht eine autobahn. eine deutsche erfindung drängt die andere aus dem gesichtsfeld. wir fahren durch böhmen, durchs sudetenland, dass erste was sich die deutschen heim ins reich holten, die welt sah zu. ein gewisser henlein machte hier den hitler, henlein war schon weg als die tschechen die gebliebenen sudetendeutschen von ihren höfen vertrieben. prager altstadt: jugendstilfassaden, gründerzeitstuck, k.u.k schnörkel und ein hauch empire, herausgeputzt für die besinnlichen tage. mit glühwein in der hand wandelt der besucher zwischen kristall in den auslagen, kfc, reisegruppen aus aller welt und bettlern, durch die lichterne stadt. bettelnde menschen sind in einer welt galoppierend voranschreitender armut nichts überraschendes. doch hier knien die bittenden mit gesicht auf dem pflaster, wie zum letzten gebet. die familie von vaclav havel besitzt rund um den wenzelsplatz einige filetstücke, alter prager geldadel. wir gleiten aus prag ins dunkel, um in der „verbrannten mühle“ den abend zu beschliessen. im briefmarken tv sehe ich, dass der westen in tschechien angekommen ist. die kleinen preise, big brother und rammstein, alle sind hier und haben ihre plätze eingenommen. so sitzt man auf der bettkante, mit der letzten zigarette und den kopf in den händen. es ist wieder nacht, in irgendeinem hotel, irgendwo im nirgendwo. und wieder dieses gefühl, woanders sein zu müssen.
13.12.05
ich werde daran erinnert, dass in dem land in dem ich geboren wurde, heute pioniergeburtstag wäre. also geh ich mal in den tag mit einem „immer bereit“. vor einem jahr begann das come back von silly. „asyl im paradies“ und „traumpaar“ im rahmen der buschfunkgala im theater des westens. 12:00 ist einbau im prager „futurum“. die combo aus meissen ist nur teilweise anwesend. der eigengeruch eines clubs ist um diese tageszeit unerträglich, also ziehe ich es vor die gegend zu erkunden, nach einem gepflegten latte ausschau zu halten und für eine gute bekannte eine cd von j irji korn zu besorgen. der suchende erfährt das der mann mit der "yvettea" nur noch im quartett und a capella zu haben ist. klingt gut wird gekauft. herr korn, so ist weiter zu erfahren, ist ein billiardmeister, ein in europa gefeierter. zurück im club. „tango“ aus prag checkt. ich höre ihr ganze set schon vor dem konzert. auch gut, ich muss weg. 21:00 showtime, technische probs, ein paar einheimische sternfans vor der bühne und schon ist es vorbei. ich muss weg. overnight nach berlin. praha, wir sehn uns wieder.
14.12.05
geschlafen, versucht den ernst des lebens zu meistern und wieder los, diesmal nach leipzig. heute hätte tamara danz geburtstag gehabt. ich treffe die drei sillys im hotel, wir müssen schlafen. böttcher und fischer erwarten uns mitten in der nacht in ihrer morningshow.
15.12.05
05:00 ist die nacht vorbei. kurzes frühstück, französisch. schuttle zu rsa. die böfis sind wie immer gut drauf, die sillys und ich nocht so so, eigentlich sind wir nur müde, hundemüde. die sache gewinnt schnell an tempo. eine band verliert ihren namen. unheilvoller unsinn. wie wird karat heissen? oder siegt die vernunft? unplugged im studio, "asyl im paradies" anja fehlt. wir verlassen le richtung berlin. am abend, in der möwe, stellt tino eisbrenner sein neues buch vor. ich bin dabei. schöner abend, schöne geschichten aber ich muss weg.
17.12.05
der winter ist in deutschland eingefallen. der weg nach rostock ist nicht ungefährlich. ich komme aus plauen von einer party. nach 8 stunden erreiche ich rostock. probe mit den mädelz vom "crossover orchestra rostock", die mich heute begleiten werden. 21:30 showtime. schönes konzert. almut, gabi, nora und katharina waren fantastisch. ich muss weg. overnight nach berlin.
18.12.05
auf meinem schreibtisch türmt sich bürokratischer wahnsinn. zeitraub, ämterterror, existenzangstmachende briefchen. ich werde verwaltet. was könnte man mit all dieser zeit tun, die man verschwenden muss, um diesen ganzen nutzlosen apparat am leben zu erhalten, ihm eine berechtigung zu geben. baut sich jeder sein eigenes hamsterrad? steht es schon bereit wenn wir geboren werden? sind wir schon verplant, ungeboren? der dicke sagt: „ich weiss nicht was du hast. ein bisschen bewegung hat noch keinem geschadet.“ aus seiner sicht kann ich das verstehen.
20.12.05
die flüchtigkeit eines augenblicks. wie viel geht verloren, wie viel bleibt und wie lange? ist das überleben des moments abhängig von dessen tiefe? all die kleinen filme, die ich in mir trage, geben mir das gefühl am leben zu sein, gelebt zu haben. manche verschwinden unauffindbar in den tiefen der erinnerung, andere sind präsent wie der himmel über mir. der dicke fragt: „was sehen wir uns heute an?“ hat der keine eignen filme?
24.12.05
ein tag wie jeder andere, wenn man nicht bis zur letzten minute auf der jagd nach dem absoluten geschenk war. wenn man keine datenschweren grüsse downloaden musste. wenn dieser ganze heilige bimbam an einem vorbeigeht oder man ihn einfach ignoriert, ist der 24.12. ein tag wie jeder andere. der dicke sagt: "na siehste, geht doch." na klar ...
25.12.05
... nach 08:00 am 25.12. auf der schönhauser, das ist gnade. keine beuteldeutschen mit agro im gesicht, niemand, noch nicht einmal ein taxi. berlin, so bist du am schönsten.
26.12.05
bücher sind auch nur dinge
ich habe nicht viel mitgenommen, in mein neues leben. doch das neue leben häuft schon wieder dinge an. ohne literatur kann ich mir auch dieses neue leben nicht vorstellen, also kaufe ich bücher, bekomme bücher geschenkt. schon stellt sich die frage nach dem wohin damit. wieviele bücher liest man mehrmals im leben? bevor ich anfange wände damit zu verstellen, will ich das gelesene in zukunft verschenken, weitergeben, weiterempfehlen, in umlauf bringen.
27.12.05
verschenkt: ian mcewan "liebeswahn"
durch fehlgedeutete gesten und andere signale des objektes seiner begierde, nährt der stalker die nicht zu erschütternde überzeugung, die liebe beruhe auf gegenseitigkeit. ablehnung und abgrenzungsversuche des gegenübers werden z. b. als koketterie oder als versuch gedeutet, der sexuellen oder anderweitigen anziehung des stalkers zu entkommen. stalker terrorisieren ihre opfer mit briefen, besuchen, telefonaten und nachstellungen. als de-clérambault-syndrom wird in der medizin die wahnhaft ausgeprägte, unwiderstehliche liebe zu einer unerreichbaren person bezeichnet. darum geht es im kern in diesem buch von ian mcewan.
30.12.05
ende und beginn
es gibt jahre, die tropfen so vor sich hin und man kann jeden tropfen zählen, man könnte jedem einen namen geben. dann gibt es jahre, die rasen wie sturm an einem vorbei, sind unfassbar. in dem versuch sich an momente solcher jahre zu erinnern, bleibt nichts als verwirrtheit zurück. mit leeren händen hofft man auf das ende. nur wenn etwas vollkommen endet kann auch etwas wirkliches beginnen. der 31.12. eines jeden jahres (in deutschland) ist dessen ende. ich erwarte sehnsüchtig den beginn.
31.12.05
krieg
ich werde geweckt von detonationen vor meinem fenster. auch aus der ferne hört man das sperrfeuer der ausgelassenheit. dazu der tägliche lärm der einflugschneise und der ewige exodushafte verkehr vor dem haus, so klingt krieg. wo steht der feind, der gegner? das jahr, die zeit, die stunden und letzten sekunden. alle zählen mit, falln sich in die arme, wünschen sich unmögliches. krieg gegen die zeit? wir haben verloren. wir sind endlich.
2006
03.01.06
liebe im deutschen winter
zwei junge libanesen in deutschland. zwei schiiten die ein paar vor allah und ihren familien sein müssen. sind sie kein paar, dürfen sie das laken nicht teilen. dann ist es aber kalt in deutschland und schnee fällt zu hohen dünen und die schuhe sind durchnässt und die kleidung auch. die heizung der moschee gab ihren geist auf, die zeremonie zieht sich hin. in dieser nacht liegen sie sich, zwar mit triefnasen und schüttelnder kälte, doch endlich in den armen. glücklich, nun vor gott und der welt ein paar sein zu dürfen. glücklich.
05.01.06
geben und nehmen
was geben wir unseren kindern mit auf ihren weg, wieviel von uns? ist das nachdenken darüber nicht eitel? und ist es nicht eher so, dass sie sich nehmen und wir gar nicht die gebenden sind? eltern sind ein supermarkt voll mit fähigkeiten, wissen, angewohnheiten, mustern ...
08.01.06
... und wieder glück
vor ein paar tagen lernte ich einen taxifahrer aus palestina kennen. er fährt schon viele jahre durch deutsche städte. die stadt in der er an einem 24.12. geboren wurde, heisst bethlehem. er sagte, er bringe allen menschen glück, deshalb denke ich heute an ihn, dankbar.
10.01.06
angekommen
ich habe heute beim ballastabwerfen eine kanadische flagge gefunden. ich glaube irgendwer hat mir die irgendwann geschenkt. ich hatte lange kein fernweh. die pläne vom auswandern sind längst geschichte. wenn ich in der näheren vergangenheit gute momente hatte, an orten die mich für sich einnahmen, dachte ich nicht mehr daran wie es wäre dort zu leben. heute hat mich das fernweh und der wunsch nicht hier zu sein wieder eingeholt, für einen kurzen moment. für einen augenblick machte sich das gefühl von der verpassten chance breit. ich musste nicht lange nachdenken um zu dem schluss zu kommen, dass ich für den moment angekommen bin und das fernweh kein schmerzhaftes gefühl sein muss.
11.01.06
03:10
aufgewacht, rumgelaufen, auf den monitor geglotzt und die finger fangen an auf der tastatur zu fingern. melodien und textfetzen kreisen im kopf und geben keine ruhe. meine tage sind zu kurz, die nächte sowieso. ich habe heute auf dieses kommende jahr geblickt und mich gefragt, was wird anders sein, was wird dieses jahr unterscheiden von den vergangenen. die unruhe hat mich wieder, die gelassenheit ist irgendwo liegengeblieben. ich hoffe die unruhe bleibt und die gelassenheit holt nicht auf.
15.01.06
erst kommt das fressen, dann die moral. (bb)
auf einem blutorangensafttetrapak fand ich heute beim frühstück den hinweis, vitamin c. blutorangen sind keine fussbälle. die mehrheit der stadtkinder, denkt laut einer umfrage, das die milch aus der tüte kommt. die hohe quecksilberkonzentration in fisch und anderen meerestieren kann zu unfruchtbarkeit, herzproblemen, müdigkeit, depressionen, konzentrationsschwierigkeiten, kopfschmerzen und zu gehirnschäden führen. bei lidl und real (metro) gibt´s am meisten gift fürs geld. das ist das ergebnis eines bislang einzigartigen großtests von supermarkt-obst und -gemüse. ich weiss nicht mehr was ich essen soll. der dicke bietet mir einen sonnenblumenkern an. na klar ...
18.01.06
leben lassen
auf glatten strassen durchs verschneite berlin. menschen stürzen, autos rutschen ineinander, alles flieht mit hochgezogenen schultern vor kälte und nässe. man sieht die hilfsbereiten und die ignoranten auf einer strassenseite nebeneinander stehn. ich lande in einem caffee im berliner nirgendwo. ein tisch ist frei, in einer ecke. so wie ich es am liebsten habe, kann man von dort die tür einsehen. meine bestellung ist noch nicht auf dem tisch, da möchte sich jemand zu mir setzen. das kleine caffee ist voll. hab ich eine wahl? er setzt sich und fängt sofort an zu reden. er legt seine hände auf den tisch und referiert über "das scheiss wetter" über "dieses unglaublich interessante berlin". und vom wetter und berlin gehts über etliche umwege zur kultur. und bücher. und filme. und theater. und dann wieder gentechnik. und ich weiss nicht was. mir gegenüber sitzt ein mensch, der wissen aus zweiter hand als sein eigenes verkauft. ein mensch der "den" kennt und neben "dem" schon mal auf ner party rumstand und sekt schlürfte. selbstdefinition über andere und anderes. dieser mensch lebt nicht, er lässt leben. ich flüchte zu den hilfsbereiten und ignoranten, atme tief durch und gleite weiter durch mein leben in berlin.
22.01.06
verschenkt: michel houellebecq "die welt als supermarkt"
essays, literatur + filmkritiken, eine analyse der gegenwart und der gesellschaft. leser seiner romane begegnen hier einem etwas anderen houellebecq. cora - maria lehr spielte mit mir gemeinsam "dein herz". diese junge und begabte pianistin zeigte, dass die wirklich talentierten nicht bei grotesken superstar-tv-sendungen zu finden sind.
29.01.06
verschenkt: t.c. boyle "tod durch ertrinken"
short storys, sein erstlingswerk. absurdes, surreales und berührendes in verdichteter form. brilliant!
30.01.06
gipfeltreffen
christian hentschel kenne ich schon eine ewigkeit. irgendwann vor ein paar jahren gab es ein langes telefonat, christian hatte keine lust mehr als journalist sklavischer erfüllungsgehilfe zu sein. "mach was eigenes", riet ich ihm, "schwarz/weiss fotos, interviews und artikel die nicht an der oberfläche kratzen, die musikszene west gleichberechtigt neben der szene ost." er war mutig. er tat es unter dem namen 'melodie & rhythmus'. jetzt das aus. kein grosser verlag der die zeit sich zu etablieren finanziell puffert, zu wenige anzeigenkunden und vielleicht für einige zu viel osten. ich fühle mich christian und seiner vision, seinem mut zur unabhängigkeit verbunden. ich organisiere ein benefizkonzert. nicht irgendeins. ich will ein gipfeltreffen. die 'melodie & rhythmus' braucht sehr viel geld, zum überleben und um sich zu etablieren. ich sprach heute mit toni krahl (city). bernd römer (karat!), uwe hassbecker (silly), dieter birr (puhdys) und martin schreier (stern meissen). zu meiner überraschung, zu meiner grossen freude, signalisierten alle ihre grundsätzliche bereitschaft. martin schreier fragte mich: " glaubst du das in zeiten von resignation und egoismus, so etwas geht?" ja, ich glaube daran. ich glaube an solidarität, auch wenn dieses wort für einen ostgeborenen einen schalen beigeschmack von missbrauch hat. es wird noch viele gespräche geben, probleme die zu lösen sind bis alle gemeinsam an einem abend auf der bühne stehn. aber neben alten und neuen befindlichkeiten wird es vor allem eins geben: einigkeit!
04.02.06
verschenkt: bret easton ellis "unter null"
sein erstlingswerk schrieb der autor mit 20 jahren. sein literaturprof. schickte es einem namhaften verlag, es wurde ein grosser erfolg. kids in den 80'ern die alles haben, alles ausprobiern, alles dürfen, süchtig nach dem ultimativen kick sind, verlieren sich in langeweile.
07.02.06
gipfeltreffen II.
die erste klare absage einer band. die kollegen sind unerreichbar im urlaub, so kann bis zu einem sinnvollen zeitpunkt nichts entschieden werden. ist das schon unsolidarisch? nein, ganz bestimmt nicht. traurig macht es mich doch.
12.02.06
gipfeltreffen III.
zu viele grosse argumente standen gegen meine kleine idee. ich bin gescheitert.
25.02.06
new york # I
schon beim check in, gesichter wie aus einem film mit harvey keitel. nein, ich handle nicht mit waffen oder drogen und ich gebe mein gepäck nicht fremden menschen. 2 sitze und 2 fenster für mich ganz alleine, womit hab ich das verdient, ich werde meine beine nach der ankunft also noch spüren. die 8 stunden vergehen wie im flug (ranziger vielfliegerwitz). 14:15 oz gelandet auf dem jfk international airport. die usa brauchen schnell noch die abdrücke meiner zeigefinger und schon sitz ich in einem dieser cabs in richtung manhattan. die wege vom flughafen in die city einer jeden metropole sehen sich verblüffend ähnlich. na ja und dann manhattan, "die insel der hügel" nannten es die algonquin, bevor sie die selbe an peter minnewit aus wesel am rhein für ein paar glasperlen hergaben. ein raucherhotel ist in ny nicht so leicht zu finden, wieder glück gehabt. ganz in der nähe das empire state building, der time square, der madison square garden, der broadway und die fifth avenue. einen block weiter, im chelsea hotel, erstach sid vicious seine freudin und jack kerouac schrieb "on the road". weiterhin geistern durch die lobbie dieses überteuerten hotels bob dylan, john lennon, andy warhol, jimi hendrix, arthur miller, dylan thomas und thomas wolfe und was weiss ich wer noch. noch ein white russian in einem dieser "gemütlichen" new yorker nichtraucherrestaurants (man hat keine wahl) und der erste tag in manhattan ist vorbei.
26.02.06
new york # II
manhattan soll sehr schön sein, wenn man sich ihm über die brooklinbridge nähert. also ein cab entern und einmal über die brooklynbridge nach brooklyn. in brooklyn ausgestiegen, schnitt der wind die ohren ab. was sollte das erst hoch über den east river werden. die eingeborenen kennen das und gehen nicht über diese brücke, in dieser jahreszeit ohne sich tote hamster auf die ohren zu kleben. das scheint zu helfen. ich mag hamster lebend und auch dann nicht an meinen ohren. ein idealer museumstag. ein paar treppen tiefer in den tunneln der subway, ist es angenehm warm. ich schlage mich durch bis zum central park. nein, ich war noch nicht hier. ich glaube die bänke, die wege, die bäume und das alles gut zu kennen. und ich habe das alles auch schon gesehen. new york, eigentlich dieses ganze unglaubliche amerika, ein riesiges filmset. wie muss es sein, hier zu stehen durch new york oder san francisco zu laufen, entdeckend? die welt ist abgefilmt. ich durchquere den central park auf "bekannten" wegen von ost nach west. das guggenheim museum dessen fassade gerade hinter einem gerüst und planen verschwindet, ist architektonisch eine besonderheit unter den galerien der welt. kandinsky hier, van gogh dort. immer wieder eine unglaubliche erfahrung, das alles vor dem eigenen auge zu haben. das kann kein film, kein foto vermitteln. und wieder raus in die kälte und weiter zum metropolitan museum of art, neben dem louvre und der hermitage das wohl bedeutentste seiner art. einmal um die ganze welt in skulpturen, bildern, steinen und von allem so viel, so schön, so einzigartig. nach zwei stunden muss ich da raus aus angst vor einem kulturflash. ich habe mir vorgenommen diesen tag zu fuss zu verbringen, ein eitles vorhaben, wie sich mittlerweile andeutet. noch gebe ich nicht auf. an der süd/west spitze des central park zieht es mich unweigerlich auf die fifth avenue. marken und logoterror. ich mach mir den spass und geh mal rein zu tiffany & co . ich versuche unaufällig zu bleiben, schon hab ich einen diskreten security an meinen hacken. hier gibt es überteuerten kram den keiner braucht. warum machen die so einen wind? ich werde charmant herausbegleitet. auch gut. vorbei an markennamen die jedes kind schreiben kann, mach ich mich auf den weg zum moma , dann verlassen mich die kräfte und ich betrete überfallartig die nächste pizzeria. bekanntlich wird man nach dem essen träge, besonders nach riesenpizzas und dem muffin danach. ich trolle mich zurück auf die fifth avenue und versuche meinen ironman plan zu ende zu bringen, aber bei dem überangebot an cabs habe ich keine chance gegen meinen mittlerweile revoltierenden körper. ich trete den rückzug ins hotel an. wie ich erfuhr hat jedes hotel in ny raucherzimmer, na gut. was aber wirklich eine besonderheit für raucher in new york ist, ein restaurant in dem man rauchen kann. (liebe nichtraucher, ich weiss, ich weiss. gnade!) in soho treffe ich mich also in einem raucherrestaurant mit yvonne reneman, die bei icf für booking und promotion verantwortlich ist und derem geschick ich die tage in ny verdanke und mit sari goofriend, ihres zeichens fotografin aus new york. nur so viel zum abschluss dieses tagesberichts, es war ein wunderschöner, alberner, inspirierender abend. einer dieser abende, die einem ewig im gedächtnis bleiben und immer wieder ein lächeln ins gesicht zaubern.
27.02.06
new york # III
der eigentliche grund meiner anwesenheit ist ein fotoshooting und ich stehe diesmal vor der kamera. warum fliegt man zu einem fotoshooting nach ny? warum eigentlich nicht. yvonne reneman hatte die idee, dass ich der erste in deutschland sein könnte, der john malkovichs modedesigns präsentiert. also machten wir uns auf in die noble 5th avenue, in's büro von john malkovich's firma "mrsmudd". francesco rulli, der präsident von "mrsmudd" öffnete freundlich die schränke, ich hatte die qual der wahl. dann packten wir die koffer, die man uns samt teurem inhalt für die nächsten tage anvertraute und machten uns auf zur ersten location. im "employeesonly" (dank an dushan zaric) trafen wir sari goodfriend, die schon dabei war das licht zu setzen. so ein shooting ist für den der vor der kamera steht auf die dauer ziemlich langweilig. für den fotografen allerdings eine tortour. doch irgendwie haben wir es geschafft ein unangestrengten tag damit zu verbringen, die momente festzuhalten. der tag endete an einer kreuzung in manhattan, viele stunden und bilder später.
28.02.06
new york # IV
und weiter gehts. heute in den parks und strassen von manhattan. es ist wirklich kalt und durch die strassen jagt ein scharfer wind. letzte location, time square. am abend treffen yvonne und ich uns zum essen im "employeesonly" mit sari. und so endet mein letzter abend in ny wie die tage hier begonnen haben. gute gespräche und viel lachen.
01.03.06
new york # V
da ich erst am nachmittag fliege, versuche ich diese stadt noch etwas zu inhalieren. der erste mensch der mir begegnet, sieht aus wie einer dieser siedler aus den anfängen von manhattan. er trägt ein schwarzes kreuz auf der stirn. ich denke mir nichts dabei, in ny geht alles. doch dann der nächste mit dem gleichen zeichen. ich muss zugeben, dass mir das unheimlich ist. es werden immer mehr. die sehen alle völlig normal aus. geschäftsleute, schüler, truckfahrer, ich kann kein system entdecken. an einer kreuzung steht neben mir wieder einer von denen, er macht keinen gefährlichen eindruck, also frage ich ihn nach der bedeutung. aschermittwoch ist heute. aha, wieder was gelernt. phillip aus der ukraine fährt mich etwas später zum jfk. er lebt seit neun jahren hier und ist seit einem jahr amerikaner. seine kinder haben ihn hier noch nicht besucht. nein, er hat kein heimweh. solange er gesund ist und positiv denkt wird das leben hier für ihn gut sein, meint er. am jfk gebe ich alle feuerzeuge ab und rauche draussen in der untergehenden wintersonne noch eine zigarette. die skyline von ny liegt im roten abendfeuer. ich verlasse diese stadt mit einem guten gefühl. ich lernte menschen kennen, die wenig von der oberflächlichkeit der westküstenamerikaner haben. hilfsbereite, sehr bodenständige menschen. das leben in ny ist hart, im täglichen kampf bleiben sie doch menschlich. irgendwann werde ich zurückkehren.
04.04.06
schwimmen im regen = // = das finale I
irgendwann ist es dann nicht mehr wahr. die arbeiten am album gehn in die letzte runde und eigentlich fängt die arbeit jetzt erst an. pünktlich auf den letzten metern, grössere dann kleinere technische probleme im studio mit nullen und einsen. meine derzeitiger favorit ist ein lied das heisst ganz schlicht "kalt". einer der neueren songs, wahrscheinlich deshalb. schön ist die bandversion von "die fetten jahre" geworden. das cover mit den fotos aus ny nimmt gerade gestalt an und ich stelle ein neues konzertprogramm zusammen. und, und, und .... in meinem kopf geistert eine wirklich unverschämte idee herum. auf leisen sohlen hat sie sich eingeschlichen, es sich bequem gemacht und will gar nicht mehr gehn. die idee heisst "urlaub" und hat sich verkleidet als "nur ein paar tage frei". na klar. schlag dich aus meinem kopf.
08.04.06
schwimmen im regen = // = das finale II
mein counter auf dem desktop sagt mir, dass ich noch 9 tage, 22 stunden, 45 minuten und 20 sekunden bis zur abgabe des albums im presswerk habe. ok, das artwork nimmt sehr konkrete formen an, die korrekturen an den songs kristallisieren sich heraus und die promo läuft auch langsam aber sicher an. ich kanns noch gar nicht glauben, dass nach so langer zeit, so vielem hin und her, "schwimmen im regen" nun endlich realität wird.
22.06.06
s geht
belize? wo war das doch gleich? ein kleiner flecken auf der weltkarte. ein paradies? vielleicht. was einen bewegen kann deutschland zu verlassen, weiss ich aus meiner vergangenheit nur zu gut. mein belize hiess canada. ich bin geblieben. unersetzliches hielt mich fest. die fragen, was wirst du dort tun und von was, sind entromantisierendes geschwafel. jeder der geht, hinterlässt makel auf dem heimischen image, wirft fragen und andere sichten auf. jeder der geht hinterlässt unsicherheit bei den bleibenden. ist es respekt oder neid was in unseren abschiedsworten mitschwingt, bewundern wir den mut oder lächeln wir erhaben? ich wünsch dir glück s. und kraft. komm an.
18.07.06
es war einmal ein schland
was hab ich doch immer den fussball belächelt, bewitzelt und gemieden. doch als schland, dass auf einmal seinen deut verloren hatte, begann fähnchen zu schwenken, erwischte ich mich dabei toooooooor zu schreien. na ja, die urinstinkte. was war aufeinmal los mit den schländern, so aufgeschlossen, so warmherzig, so berauscht, so un-deut-lich. selbst das verlieren machte ihnen keine probleme mehr. opium fürs volk? als schland im partypatriotismus versank, wurde poilitik gemacht. keiner hat's gemerkelt. die erste frau im staat zeigte sich begeistert und volksnah, versuchte immer wieder die ärmchen hochzureissen als wolle sie rufen:“ hier bin ich. und wenn ich hier bin kann euch nichts regieren.“ doch es wurde kräftig regiert, korrigiert, eingedampft. und als alles vorbeiging und zidane die verabredung zur antiseptik der brotlosen spiele vergass, wurde es im schland auch wieder einen deut nüchterner. armes schland, es wird kühler demnächst.
28.09.06
Söhne
liegt der marode teil einer grossen stadt zentral, sind die mieten deshalb niedrig, dann zieht es zuerst die studenten in diese gegend. in dieser phase sind es studenten mit wenig geld. dann gesellen sich einige künstler und solche die es werden wollen, schon waren oder sich dafür halten hinzu. dieses gemisch aus ureinwohnern und seltenen bis seltsamen vögeln macht diese gegend bunter. wenn es bunt genug ist, kommen dann menschen die mal studenten waren, aus finanziellen gründen keine künstler sein möchten und es in ihrem leben "zu was gebracht" haben oder auf dem weg dahin sind. sie möchten sich unterscheiden und damit signalisieren, dass ihre träume noch nicht in hohem bogen aus ihrem hamsterrad geflogen sind. die mieten steigen, aus kneipen und illegalen bars werden schicke restaurants mit überteuerten speisen. am ende kommen die söhne. kinder, die in ihrer erlernten haltung, ihren geborgten worten, in ihrem voherbestimmten sein erobern, einnehmen, gewinnen müssen. die lenker von morgen, die zukunft der macht. wenn die söhne kommen wird es zeit zu gehn oder zu kämpfen.